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von Norbert Neumann
veröffentlicht am 20.06.2018

Was kaufmännische Traditionen mit einem modernen Klinikbetrieb zu tun haben

Krankenhäuser sind hochkomplexe Wirtschaftsbetriebe. Insbesondere – wenn auch nicht nur – in Verbünden fallen große, sehr komplexe Datenmengen an, die mit konventionellen Mitteln wie Data Warehouses alleine kaum effizient auszuwerten sind. Die Gesundheit Nord, ein Verbund von vier großen Krankenhäusern in Bremen, verlässt sich deshalb auf die krankenhausspezifische Business-Intelligence-Lösung i.c.m.health® von Cerner® und hat damit ein übergreifend einheitliches, effizientes Krankenhausberichtswesen aufgebaut.

*"Buten un binnen – wagen un winnen" (drinnen und draußen – wagen und gewinnen) ist der vom ehemaligen Bremer Bürgermeister Otto Gildemeister geprägte Wahlspruch der Bremer Kaufleute, der seit 1899 am Portal des Schütting (ehemaliges Gilde- und Kosthaus der Bremer Kaufleute und heute Sitz der Handelskammer Bremen) angebracht ist.

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Gute Kaufmannschaft hat in Bremen eine lange Tradition. Über Jahrhunderte betrieben hier Händler ihre Geschäfte. Dazu gehörte auch, jederzeit möglichst aktuelle Informationen über die Situation seines Unternehmens zu haben. In modernen Organisationen unterliegt diese Aufgabe dem Controlling. Das frühere Kassenbuch hat längst ausgedient und ist durch moderne Business-Intelligence-Lösungen ersetzt worden, die die komplexen Vorgänge in der heutigen Wirtschaftswelt detailliert in einem Berichtswesen abbilden können und in der Funktion weit über ein reines Finanzcontrolling hinausgehen.

Ein Berichtswesen für vier ehemals eigenständige Krankenhäuser

So auch in der Gesundheit Nord (GeNo), einem Verbund aus vier kommunalen Kliniken in Bremen, der 2010 gegründet wurde. In den Häusern, die alle der Schwerpunkt- bzw. Maximalversorgung angehören, werden pro Jahr etwa 250.000 Patienten aus Bremen und umzu, wie man dort sagt, behandelt. Seit September 2017 arbeitet das Controlling dort flächendeckend mit der Business-Intelligence-Lösung i.c.m.health von Cerner, die auf dem SAP Business-Warehouse aufsetzt. Bis dahin war es allerdings aufgrund der besonderen Umstände in Bremen ein weiter Weg, wie die IS-H-Beauftragte der GeNo Barbara Schmücking zu berichten weiß.

„Die vier kommunalen Krankenhäuser haben bereits vor dem Zusammenschluss zur GeNo zusammengearbeitet. Allerdings war damals noch jedes der Häuser eigenständig, so dass es auch vier verschiedene Controllingabteilungen mit unterschiedlichen Systemen und Parametern gab.“ So ist es nicht besonders verwunderlich, dass Bestrebungen, die um das Jahr 2007 herum unternommen wurden, um ein einheitliches Controlling zu etablieren, zunächst nicht von Erfolg gekrönt waren. „Es fehlte einfach der notwendige Unterbau, um eine einheitliche Datenbasis herstellen zu können. Jedes Krankenhaus hatte einen eigenen SAP-Mandanten, der individuell gestaltet war.“ Hinzu kam, dass durch die Eigenständigkeit auch die Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe nicht geeignet waren, ein einheitliches Berichtswesen aufzubauen. „Da gab es zu viele Unterschiede und Ansichten“, erinnert sich Barbara Schmücking. Schnell war klar, dass zunächst einiges an Grundlagenarbeit zu leisten sein würde, bevor man sich an die Umsetzung eines übergreifenden Controllings machen könnte.

Der erste Schritt: Unter einem Dach im Verbund

Im Jahr 2010 erfolgte mit dem Zusammenschluss der vier Häuser unter dem Dach der GeNo der erste wichtige Schritt in diese Richtung. Die Kliniken erhielten eine einheitliche Führung und Organisation, die einzelnen Verwaltungsabteilungen wurden zusammengelegt. In der Folge konnten dann auch die vier unterschiedlichen SAP-Systeme zu einem Mandanten zusammengelegt werden. „Was so einfach klingt, bedeutete natürlich eine Menge Arbeit“, erklärt die IS-H-Beauftragte. Im Vorfeld mussten die Datenstrukturen festgelegt werden, Bezeichnungen vereinheitlicht, Arbeitsabläufe definiert und vieles mehr.“

 

Barbara Schmücking
IS-H-Beauftragte der GeNo

 

Der zweite Schritt: Eine einheitliche Datenbasis und ein verbundweites Controlling

Der nächste Schritt war dann der Startschuss für ein verbundweites Controlling. Im Jahr 2015 startete im Rahmen des Zukunftsplans 2017 ein Projekt, in dem das SAP-Business Warehouse und die darauf aufsetzende Business-Intelligence-Lösung i.c.m.health implementiert werden sollten. Warum zwei Lösungen in einem Projekt implementiert wurden, erklärt Barbara Schmücking: „Uns war klar, dass wir unsere fachlichen und vor allem finanz- und medizincontrollingrelevanten Anforderungen von vier großen Krankenhäusern mit einer reinen Business-Warehouse-Lösung wie SAP-BW nicht in den Griff bekommen würden. Insofern war es nur folgerichtig, i.c.m.health in das Projekt zu integrieren. Dafür sprachen drei Gründe: Erstens setzt die Lösung direkt auf SAP-BW auf und bezieht von dort tagesaktuelle Daten, zweitens beinhaltet i.c.m.health bereits im Lieferumfang eine Vielzahl an spezifischen Standardberichten  für  das Krankenhauscontrolling. Diese können leicht an individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Und das war dann auch der dritte Grund: Dadurch, dass wir beide Lösungen in einem Gesamtprojekt implementiert haben, konnten wir von der Datenbasis bis hin zum fertigen Bericht den kompletten Arbeitsablauf im Auge behalten und alle Komponenten optimal aneinander anpassen.“

Um zu gewährleisten, dass das Resultat auch passgenau die Bedürfnisse der Anwender abbilden würde, band man die späteren Nutzer von Anfang an mit in das Projekt ein. „Der Owner von SAP-BW und i.c.m.health ist das Controlling. Hier wird festgelegt, welche Berichte generiert werden und wie sie aussehen. Dazu stimmt sich die Abteilung regelmäßig mit den Geschäftsbereichen ab, um die individuellen Anforderungen der Abteilungen zu verstehen und sie in einem möglichst einfach strukturierten Berichtswesen zu bündeln. Außerdem halten wir einmal pro Monat ein Keyusertreffen ab, um die Möglichkeiten eines Berichtswesens mit i.c.m.health besser vermitteln zu können und die Akzeptanz bei den Anwendern zu steigern. Aktuelle, automatisch generierte Abteilungsberichte“, so schmunzelt Barbara Schmücking, „erfreuen sich mittlerweile wachsender Beliebtheit bei den Abteilungsleitungen, weil sie dadurch mit einfachen Mitteln einen regelmäßigen Überblick über die Entwicklung in ihrem Bereich bekommen und so besser agieren können.“

Eine umfassende Validierungsphase sorgt für bessere Ergebnisse

Dass im Rahmen des Projekts viel Zeit in die Validierung gesteckt wurde, zahlt sich jetzt aus. „Wir haben – und das bleibt beim Umgang mit Daten und Datenbanken in dieser Größenordnung einfach nicht aus – in dieser Phase viele Fälle gefunden, die nicht sauber von den klinischen und administrativen Systemen in SAP-BW übergeleitet wurden und damit für Auswertungen nicht zur Verfügung standen“, so Barbara Schmücking. „Bei einer genaueren Analyse haben wir dann festgestellt, dass es sich fast immer um Anwenderfehler handelte und die Datensets nicht vollständig bzw. fehlerhaft ausgefüllt waren. Zum Beispiel fehlten Hauptdiagnosen oder es wurde vergessen, den Entlassungsstatus von ‚geplant‘ auf ‚entlassen‘ zu setzen.“ Für die IS-H- Beauftragte war diese Erkenntnis nicht nur aus Sicht des Berichtswesens wichtig, sondern auch aus Gründen der Qualitätssicherung: „Dass derartige Fälle nicht in Berichten auftauchen, ist eine Sache. Fast noch schlimmer ist aber, dass sie auch nicht in die §21-Daten übernommen werden. Das tangiert dann im schlimmsten Fall die Budgetverhandlungen, was natürlich fatal ist.“

Aus diesen Gründen wurden auch Reports über fehlerhaft ausgefüllte Fälle in den einzelnen Abteilungen in das Berichtswesen mit aufgenommen. Mit durchschlagendem Erfolg, wie Barbara Schmücking berichten kann: „In dem guten halben Jahr seit der Produktivsetzung im September 2017 haben wir deutliche Verbesserungen in der Datenqualität verzeichnet. Die Anzahl der fehlerhaften Datensätze hat sich um etwa zehn Prozent verringert.“ Und auch in anderen Bereichen macht sich das umfassende Berichtswesen bereits bemerkbar: „Ein großes Problem waren bei uns – wie in vielen anderen Kliniken – die zu langen Erstellungszeiten bei Arztbriefen. Deswegen haben wir mit Hilfe von Cerner unter anderem einen Spezialbericht konzipiert, mit dem die Abteilungsleiter erkennen können, wie lange es in ihrem Bereich dauert, bis der Arztbrief erstellt ist. Seit der Einführung dieses Berichts hat sich die Zeit zwischen Entlassung und Fertigstellung des Arztbriefs in den Abteilungen deutlich verkürzt.“

Ein umfassendes, einheitliches Berichtswesen: Kein Selbstzweck, sondern Geschäftsgrundlage

Für Barbara Schmücking und ihre Kolleginnen und Kollegen in Geschäftsführung und Controlling ist klar, dass sich die Einführung eines verbundweiten Berichtswesens gelohnt hat – nicht nur wegen der verbesserten Datenqualität und der kürzeren Bearbeitungsdauern bei den Arztbriefen. „Das sind nur erste, schnell greifbare Erfolge. Aber sie zeigen, wie wichtig aktuelle Informationen über das Geschehen im Unternehmen sind. Unser Berichtswesen umfasst ja weitaus mehr als das: Da geht es auch um Kosten und Einnahmen: Wenn Fälle nicht im §21-Datensatz auftauchen, fehlen sie in den Budgetverhandlungen. Wenn ich nicht weiß, wo ich unnötig Kosten generiere, kann ich nicht gezielt einsparen. Wenn ich nicht weiß, wo noch Verbesserungspotenzial besteht, kann ich Ressourcen nicht effizient nutzen.“

Ist die IS-H-Beauftragte jetzt also wunschlos glücklich?

„Es gibt immer etwas zu verbessern“, gibt Barbara Schmücking zu. „Wir haben im Bereich Berichtswesen noch vereinzelt alte Insellösungen im Einsatz, die wir noch mit der übergreifenden Business Intelligence ablösen müssen. Und der nächste große Schritt wäre die Umstellung auf SAP HANA, um eine noch bessere Performance des Berichtswesens zu erreichen.“ Nach den Anstrengungen, aus den Berichtswesen von vier unterschiedlichen Kliniken eine übergreifende Business-Intelligence zu schaffen, wirkt das nur noch wie eine Kleinigkeit. Auf jeden Fall aber führt die GeNo mit der flächendeckenden Anwendung von SAP-BW und i.c.m.health die alte Bremer Tradition guter Kaufmannschaft weiter.


Fotos: © Gesundheit Nord, Bremen