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von Cerner Corporation
veröffentlicht am 21.10.2021

Nehmen wir an, Sie sprechen kein Finnisch ‒ wie vermutlich die meisten von uns. Ein Freund liest Ihnen aus einer finnischen Publikation vor und bittet Sie, die Worte korrekt und mit der richtigen Interpunktion zu notieren. Mit einiger Sicherheit wird Ihnen dies nicht gelingen, denn es verlangt nicht nur die Kenntnis der Begriffe, sondern auch das Wissen um die Grammatik, damit der Zusammenhang zu verstehen ist. Ein weiteres Beispiel: Ob unter dem Begriff ICE der englische Begriff für „Eis“ gemeint ist oder die deutsche Bezeichnung für einen Schnellzug, ergibt sich erst aus der Zuordnung in den gleichen Verständniskontext.

Die Anforderungen an Interoperabilität sind vielfältig

Beide Beispiele lassen sich in der Health-IT auf die unterschiedlichen „Sprachen“ von Daten in medizintechnischen Geräten, Apps, Softwareanwendungen etc. übertragen. Schnell wird dabei deutlich, dass es mit dem steigenden Grad an Vernetzung Lösungen braucht, die einen Austausch dieser Daten auf Basis einheitlicher Standards für Datenstrukturen und Terminologien ermöglichen. Denn beide Beispiele zeigen: Kommunizieren ‒ das, was die meisten medizinischen IT-Systeme inzwischen können ‒ heißt nicht gleichzeitig, dass sie sich auch verstehen.

Der Schlüssel für diese Herausforderungen liegt in der Umsetzung von Interoperabilität ‒ gemeint ist damit die Fähigkeit zum Zusammenspiel einzelner Systeme oder Anwendungen. Interoperabilität betrifft dabei verschiedene Ebenen: Die organisatorische Interoperabilität etwa befasst sich mit der Etablierung gemeinsamer Workflows, z. B. durch die Verteilung von Rollen- und Berechtigungskonzepten. Interoperabilität umfasst darüber hinaus aber noch drei weitere Ebenen:

  • Syntaktische Interoperabilität bedeutet, Informationseinheiten in den ausgetauschten Datenströmen zu identifizieren, z. B. über Standards wie HL7® FHIR®. Dies betrifft das oben genannte Beispiel der finnischen Publikation.
  • Semantische Interoperabilität ist dafür zuständig, ein gemeinsames Verständnis der Informationseinheiten bei den beteiligten Systemen herzustellen, z. B. durch Terminologiesysteme wie SNOMED CT und LOINC oder Klassifikationssysteme wie OPS und ICD-10. Hier hinein gehört das ICE-Beispiel.
  • Strukturelle Interoperabilität bzw. Konnektivität wiederum legt fest, wie Informationen bzw. Datenströme zwischen Systemen ausgetauscht werden, z. B. bei Dateien oder über das Internetprotokoll HTTP. Übertragen auf ein Beispiel aus dem Schienenverkehr bedeutet dies, dass Züge durchgängig und sicher zwischen verschiedenen Schienennetzen verkehren können.

Semantische Interoperabilität ist notwendig ‒ damit ein System das andere „versteht“

Wenn eine medizinische App Messdaten von einem anderen System empfängt, dann muss das System klar erkennen, um welche Werte, Messgrößen oder -einheiten es sich hier genau handelt. Semantische Interoperabilität stellt dabei ein gemeinsames Verständnis der Informationseinheiten bei den beteiligten Systemen her. Darüber hinaus wird durch semantische Interoperabilität erst eine Nachnutzung dieser Informationseinheiten ‒ z. B. für Wissenschaft und Forschung ‒ möglich, was heute durch die Vielfalt der verwendeten Formate noch deutlich erschwert ist. Erst durch diese Art des Datenaustauschs kann gelingen, was ‒ sowohl aus der Sicht des Patienten als auch des Behandlers ‒ durchgängigen Mehrwert schafft. Dann erst nämlich ist es möglich, die elektronische Patientenakte (ePA), eine Anwendung der Telematikinfrastruktur, erfolgreich über verschiedene Sektoren und Leistungserbringer hinweg zu führen, indem sämtliche relevanten Dokumente und Daten in die Patientenakte übertragbar sind. Semantische Interoperabilität stellt dabei sicher, dass medizinische Daten nicht nur ausgetauscht, sondern durch das gegenseitige „Verstehen“ auch genutzt werden können. Der Mehrwert entsteht somit nicht nur dadurch, dass die klinische Patientenakte medienbruchfrei von der externen Einweisung bis zum Entlassprozess digital vorliegt. Sondern er entsteht auch, weil durch semantische Interoperabilität eine einheitliche Datenbasis geschaffen wird, die eine automatische, strukturierte Weiterverarbeitung und Interpretation von IT-System zu IT-System ermöglicht ‒ womit ein händisches Eingreifen des zuständigen Fachpersonals überflüssig wird.

Interoperabilität mit hohem Stellenwert im Anforderungskatalog des KHZG

Je höher der Grad an Vernetzung in der Gesundheitsversorgung, desto wichtiger ist eine Einigung auf semantische Standards. Für insgesamt sechs Bereiche ‒ Patientenportale, digitale Pflege- und Behandlungsdokumentation, klinische Entscheidungsunterstützungssysteme, digitales Medikationsmanagement, digitale Leistungsanforderung, Telemedizin ‒ legt das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) daher die Interoperabilität digitaler Dienste als Grundvoraussetzung für eine Förderung im Rahmen des Zukunftsprogramms für Krankenhäuser fest. Als erfahrener Hersteller von Health-IT mit dem flexiblen, vollständig in SAP integrierten KIS i.s.h.med steht Cerner bei den zentralen klinischen Kernprozessen weit vorne in dieser Entwicklung.

Im dritten Teil unserer Blogserie zu Interoperabilität erfahren Sie, welche Lösungen Cerner mit i.s.h.med in den zentralen klinischen Kernprozessen und darüber hinaus bereits heute anbietet. Zuvor wird in einem Folgebeitrag unserer Blogserie Cerner-Experte Axel Biernat mit Frau Prof. Dr. med. Sylvia Thun, Universitätsprofessorin für Digitale Medizin und Interoperabilität am Berlin Institute of Health (BIH) der Charité – Universitätsmedizin Berlin, u. a. über konkrete Anwendungsszenarien im Kontext notwendiger Interoperabilitätsstandards diskutieren. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir Frau Dr. Thun auch für eine Keynote auf den virtuellen i.s.h.med Anwendertagen am 23. und 24. November 2021 gewinnen konnten.  Bereits am 25. und 26.  Oktober nimmt Cerner an den 6. Deutschen Interoperabilitätstagen teil, die den Fokus in diesem Jahr auf Digitale Gesundheits- und Pflegeanwendungen, die ePA und das KHZG legen.   

 

Hier geht es weiter:

Blogserie Interoperabilität - Teil 2: Semantische Interoperabilität ist die Königsdisziplin

Blogserie Interoperabilität – Teil 3: Die Kontinuität über Versorgungsgrenzen hinweg sicherstellen: mit i.s.h.med Interoperability

Text: Katharina Zeutschner, textwerker24

Foto: ©AdobeStock